Die neue Gemeinsame Agrarpolitik der EU: Was bedeutet sie für die Sizilianischen Olivenbauern?

Umwelt, Klima, gezielte Unterstützungen, und Flexibilität. Die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union (EU) wurde im vergangenen Jahr verabschiedet und wird ab 2023 in Kraft treten. Auch unsere Zulieferer beziehen als kleine Olivenöl Produzenten Agrarsubventionen der EU und wir fragen uns: Was wird sich verändern? Und wie werden sich diese Veränderung auf die sizilianischen Kleinbauern und Kleinbäuerinnen auswirken? Unser Ziel ist es nicht, jede der neuen Maßnahmen zu erklären. Vielmehr möchten wir Euch helfen zu verstehen, welche Auswirkungen die Veränderungen auf die Kleinbauern, z.B. bei uns in Sizilien haben könnten. 

Was ist die neue Gemeinsame Agrarpolitik der EU?

Die neue Gemeinsame Agrarpolitik möchte fairer werden, das heißt, es wird weniger Direktzahlungen geben. Die Finanzierung der Gemeinsame Agrarpolitik steht auf zwei Säulen, die Gelder verschieden verteilen. Die erste Säule sind Direktzahlungen als Einkommensunterstützungen, welche die Landwirt*innen basierend auf der Größe ihres Landes und ihrer Produktionsmengen entlohnen. Das geht ganz einfach nach dem Prinzip: mehr Land, mehr Direktzahlungen. Die zweite Säule der GAP bezieht sich auf die ländliche Entwicklung und zielt damit auf Verbesserungen der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft, Klimaschutz, Ressourcenschutz, und die Stärkung des ländlichen Raums im allgemeinen (EU COMMISSION). Ab 2023 sollen Zahlungen vermehrt über die sogenannte zweite Säule der GAP ausgezahlt werden. (1)

Die neue Gemeinsame Agrarpolitik will Anreize zum Umweltschutz schaffen

Die Entlohnung durch die zweite Säule soll für die Landwirte Anreize schaffen, sich mehr für den Umweltschutz und umweltfreundliche Produktionsmethoden einzusetzen. Außerdem sollen die Direktzahlungen in der Zukunft an bestimmte Bedingungen gekoppelt werden, wie zum Beispiel die Wahrung von fairen Arbeitskonditionen entlang der Nahrungsmittelproduktionskette. Auch sollen junge Menschen und Frauen mehr dabei unterstützt werden, in die Landwirtschaft zu kommen, um so dem Höfesterben entgegenzuwirken. 

Key policy objectives of the new CAP

Wir freuen uns über den Wandel der EU Agrarpolitik hin zu vermehrt nachhaltiger Landwirtschaft und über die dringend notwendige Beachtung von sozialer Gerechtigkeit. Jedoch haben wir uns gefragt, welche Auswirkung dieser Wandel, weg von den Direktzahlungen, auf kleine Betriebe haben wird. 

Kleine landwirtschaftliche Betriebe sind heutzutage zum Großteil abhängig von den Direktzahlungen der EU, welche wegen der niedrigen Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse oftmals als Haupteinnahmequelle dienen. (2) Denn die Großhandelspreise für Olivenöl liegen schon ohne dass Umweltschutzmaßnahmen beachtet werden unter den Produktionskosten. Welche Veränderungen sind notwendig, um den kleineren Betrieben zu helfen, erfolgreich von der zweiten Säule profitieren zu können? 

Mit der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik möchte die EU es endlich schaffen, ihren Teil zum Erreichen der Klimaziele bei zu tragen. So werden in Zukunft Direktzahlungen vermehrt an das Einhalten bestimmter Umweltschutzbedingungen geknüpft, die sich zum Beispiel auf die Bodengesundheit oder den Schutz von Biodiversität richten. Zu denken ist hier an den Gebrauch von Bodendeckern oder das Einrichten von Blühstreifen.

Die neue Agrarpolitik der EU: Blühstreifen

Mindestens 25% des Budgets für die Direktzahlungen soll für sogenannte Eco-Schemes (Öko-Regelungen) angesetzt werden. Diese Eco-Schemes werden durch die EU finanziert, sollen aber dezentral in den einzelnen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. So trifft jedes Land eine Auswahl von möglichen Umweltschutzmaßnahmen, aus denen die Landwirt*innen dann frei auswählen können, welche sie umsetzen wollen, um die Einkommensverluste durch die Verringerung der Direktzahlungen auszugleichen. 

Umweltbewusstsein und Preissteigerungen

Die Europäische Kommission plädiert für freiwillige Regelungen. Das soll die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Landwirte tatsächlich nachhaltige Methoden anwenden. Untersuchungen deuten nämlich darauf hin, dass Landwirte eher dazu neigen, Öko-Regelungen anzuwenden, wenn sie sich aktiv dafür entscheiden und nicht dazu gezwungen werden. Beispiele sind nachhaltige Anbaumethoden, aber auch die Verbesserung der Haltungsformen von Nutzvieh. Es ist unumgänglich, dass diese Massnahmen zu höheren Preisen von landwirtschaftlichen Produkten  führen werden. 

Das sind schlechte Nachrichten für die meisten Konsument*innen in Europa. Zum Glück achten  inzwischen immer mehr Konsument*innen auf nachhaltige Herkunft, Produktion, Qualität und Verpackungsmaterialien. (3) Die Präferenzen der Konsument*innen werden als einer der wichtigsten Treiber für einen Wandel des Ernährungssystems hin zu mehr Nachhaltigkeit gesehen. Allerdings muss sich dies auch in einer erhöhten Zahlungsbereitschaft widerspiegeln, so dass sich die höheren Kosten der Umweltschutzmaßnahmen zurückverdienen lassen. Es ist die gemeinsame Aufgabe der Institutionen, wie der EU und ihrer Mitgliedstaaten, und der Produzierenden, für mehr Bewusstseinsbildung der Konsument*innen, und somit Verständnis für höhere Preise, zu sorgen. Es ist essentiell, um Konsument*innen auf dem Weg zu einem nachhaltigen Ernährungssystem mitzunehmen und wieder mit den Produzierenden zu verbinden. 

Bei il circolo legen wir grossen Wert darauf, unseren Olivenöl-begeisterten Freund*innen zu zeigen, was wir tun, um die Umwelt zu schonen, Arbeitskräfte fair zu entlohnen und zum Wiederaufbau des kulturellen Erbes Siziliens bei zu tragen, wodurch wir große Akzeptanz für unsere Preise generieren.

Was bedeutet die GAP für die Sizilianischen Olivenbauern?

Wir haben durch eigene Erfahrungen gelernt, dass es vor Ort oft an gut ausgebildeten Fachleuten fehlt. Die meisten Landwirte brauchen professionelle Unterstützung, um sich für die Zahlungen der EU gemäss der zweiten Säule zu bewerben. Der Prozess ist leider immer noch extrem bürokratisch und zeitaufwändig. Auch ist es nicht selten, dass es zwar professionelle Unterstützung gibt, diese jedoch hinsichtlich möglicher Maßnahmen zur Förderung der Nachhaltigkeit nicht ausreichend gut ausgebildet ist, um die Beantragung erfolgreich durchzuführen. Für kleine landwirtschaftliche Betriebe, wie viele der umliegenden Olivenölproduzent*innen, ist es daher essentiell, die Unterstützungssysteme vor Ort durch ausgebildete Fachleute zu stärken. Wir befürchten, dass zunächst die Einkommenssituation der lokalen Kleinbauern eher schlechter wird, bevor sie gute professionelle Unterstützung bekommen, um die Umweltbedingungen zu erfüllen, die es ihnen erlauben, Subventionen zu bekommen.

Zusammenarbeit, ein Fremdwort für Sizilianischen Kleinbauern?

Ein weiteres Anliegen der neuen GAP ist es, die Stellung der Landwirte in der Versorgungskette zu verbessern. Hier geht es um die Stärkung der Verhandlungsmacht und die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Kleinerzeuger. Mit diesem Ziel fördert die GAP gezielt die Zusammenarbeit von Landwirt*innen in Form von Genossenschaften und Erzeugerorganisationen. Landwirtschaftliche Genossenschaften können nämlich einen bedeutenden Einfluss auf die Kostenteilung, Weiterbildung, und die praktische Einführung von umweltschonenden Maßnahmen haben (5, 6).

Zusammenarbeit ist beispielsweise für die gemeinsame Verarbeitung, Lagerung und Qualitätskontrolle von entscheidender Bedeutung, da in diesen Bereichen oft von Grössenvorteilen profitiert werden kann. In Sizilien sind Genossenschaften bereits ein wichtiges Element für die Vermarktung von Mandeln und Johannisbrot Früchten, die meist unverarbeitet an den Großhandel verkauft werden. Bei diesen Produkten ist weder der exakte Zeitpunkt der Ernte noch die schnelle Weiterverarbeitung entscheidend für die Qualität und den Preis. Bei der Olivenölproduktion stehen sich die Landwirte jedoch durch den anhaltenden Mangel an Vertrauen selbst im Weg. Viele haben die Sorge, ihre Freiheiten in den Genossenschaften zu verlieren, und zum Beispiel nicht über den Erntezeitpunkt selbst bestimmen zu können. Auch bestehen oft große Zweifel, ob überhaupt ohne die Hilfe eines Anwaltes die Möglichkeit gegeben ist, von den gemeinsamen Ressourcen profitieren zu können.

Fazit?

Umweltfreundlich, klimaschonend, gezielte Förderungen und flexibel – die neue GAP möchte vieles erreichen. Wir sind der Überzeugung, dass vor allem in ländlichen Räumen mit kleinbäuerlichen Strukturen besonders auf die Auswirkungen der Veränderungen geachtet werden muss. Kurzfristig sollten Investitionen die Ausbildung und Stärkung der lokalen Strukturen, wie Genossenschaften und Fachkräfte den Vorrang haben. 

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Sources:

  1. Europäischer Rat
  2. Heinrich Böll Stiftung
  3. Carzedda, M., Gallenti, G., Troiano, S., Cosmina, M., Marangon, F., de Luca, P., … & Nassivera, F. (2021). Consumer preferences for origin and organic attributes of extra virgin olive oil: A choice experiment in the Italian market. Foods, 10(5), 994.
  4. Bauernverband
  5. Schomers et al. (2018) Facilitation of public Payments for Ecosystem Services through local intermediaries: An institutional analysis of agri‐environmental measure implementation in Germany, June 2021Environmental Policy and Governance 31(5)
  6. Dik et al. (2020) Farmer collectives for more effective agri-environmental schemes? An assessment framework based on the concept of ‘professionalization’,  July 2021, International Journal of Agricultural Sustainability 

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